Das E-Auto-Abenteuer
von Sandra Viczek
An einem sommerlichen Morgen Ende Juni begaben sich zwei Abenteurer des AVAW auf eine tollkühne Expedition: Mit dem Elektroauto von Eisenerz/Leoben in die Slowakei.
Wissend, dass bei einer Reichweite von ca. 300 km ein paar Stopps zum Strom tanken erforderlich sein würden, aber von der prominent beworbenen Schnellladefähigkeit von E-Autos überzeugt, begaben sich die beiden Abenteurer des 21. Jahrhunderts optimistisch auf die Reise. Doch die Ernüchterung nahte jäh, als bereits bei Schwechat der erste Stopp notwendig wurde. Nachdem die erste angepeilte Ladestation besetzt war, wurde bei der zweiten Ladestation klar, dass das Vehikel wohl nicht so schnell auftankte, wie erwartet. Die beiden Wissenschaftler einigten sich darauf, dass dies wohl an der Ladesäule liegen muss, die keinen besonders soliden Eindruck machte, und führten die Expedition fort.
Bereits kurz nach der slowakischen Grenze dämmerte den Abenteurern jedoch, dass die Reichweite ihres elektrischen Expeditionsfahrzeuges unter Beibehaltung des Fahrkomforts und Fahrstils wohl nicht ausreichen würde, um sie an den Zielort zu bringen. Um die Reichweite zu erhöhen, wurden alle nicht lebensnotwendigen Annehmlichkeiten, z.B. die Klimaanlage, abgeschaltet, und der Windschatten der LKWs genutzt, was sich als überaus wirksam erwies. Nach einem kurzen Umweg aufgrund mangelnder Ortskenntnis kamen die beiden schließlich mit einer Restreichweite von 1 km an ihrem Zielort an. Die Erleichterung war groß, als das nicht klimatisierten Expeditionsfahrzeug verlassen werden konnte und an einen Stromanschluss angeschlossen werden konnte. Da es sich dabei jedoch nur um ein gewöhnliches, haushaltsübliches Stromkabel handelte, war die Reichweite bis zum Ende des Meetings nur auf 13 km angestiegen – bei einer Entfernung zur nächsten E-Ladestation von 15 km. Nach ca. 15 Minuten schweißtreibenden Windschattenfahrens und einer kurzen Recherche, ob das Auto bei 0 km Reichweite noch eine Reserve aufweist (Antwort: nein, deutsche Gründlichkeit, bei Null ist Schluss), kamen die beiden nach kurzer Unschlüssigkeit des lokalen Guides, wo sich die E-Tankstelle denn genau befinde, mit exakt 0 km Reichweite bei der professionell anmutenden Ladesäule an. Nach einer Kompensation der Strapazen durch ein Mittagessen in einem nahegelegenen Restaurant machten sich die beiden Abenteurer auf den Weg zurück zum Auto, um sodann festzustellen, dass sie mit der Batterieladung immerhin nach Österreich kommen würden.
Der nächste Stopp wurde in Bruck an der Leitha notwendig (Restreichweite 1 km). Nach zwei Stunden am Parkplatz eines Fast Food Restaurants, bei dem besagtes E-Expeditionsfahrzeug wieder nur mit 11 kW geladen wurde, machten sich die schon etwas geräderten Abenteurer auf den Weg nach Wiener Neustadt, wo einer der beiden die Rückreise mit dem Zug fortsetzte. Der zweite Abenteurer blieb in Wiener Neustadt zurück und konnte sich die Ladezeit mit den Spielen der Fußball Europameisterschaft vertreiben. Stunde um Stunde verging, ehe die Batterie ausreichend geladen war, um die Rückreise nach Leoben anzutreten. Dort kam der ernüchterte Entdecker auch um 23:20 mit 0 km Restreichweite an, wo er das Expeditionsfahrzeug laden konnte und von der zweiten Abenteurerin bereits mit einem Fahrzeug mit Diesel-Verbrennungsmotor und 800 km Reichweite erwartet wurde, damit er seine Heimreise nach Eisenerz antreten konnte.
Nach der bitteren Einsicht, nie wieder lange Strecken mit dem E-Auto zu fahren, und anfänglichen Überlegungen, das Vehikel gleich im Internet zu verscherbeln, wendete sich das Blatt jedoch noch einmal. Es stellte sich heraus, dass zum schnellen Laden des Fahrzeugs nur eine kleine, versteckte Klappe unter dem Ladeanschluss geöffnet werden musste, um einen anderen Stecker mit deutlich mehr Leistung verwenden zu können. Für die nächste Expedition sind die Abenteurer des AVAW also gewappnet.
